Schulalltag – ganztags gesund

Ratingen · Am 7. September veranstaltet die Schulgemeinde des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums den ersten „Health Care Day“.

RP 23.08.2016, 00:00 Uhr 3 Minuten Lesezeit

 Die Schüler des Bonhoeffer-Gymnasiums sorgen auf vielfältige Art dafür, dass lange Schultage nicht nur aus Unterricht bestehen.
Die Schüler des Bonhoeffer-Gymnasiums sorgen auf vielfältige Art dafür, dass lange Schultage nicht nur aus Unterricht bestehen. Foto: mvk

Monika von Kürten

Schon seit zehn Jahren ist das Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium auf unterschiedlichen Ebenen tätig, um Gesundheit, Konzentration und Bewegung im Schulalltag zu fördern. „Wir haben verstärkt mit der Gesundheitsförderung begonnen, als seinerzeit unsere Schule den offenen Ganztagsbetrieb aufgenommen hatte. Wir wollten die Schüler aktivieren und motivieren, den Gesundheitsgedanken als selbstverständlich in den Alltag einziehen zu lassen. Zunächst liefen alle Aktivitäten von Lehrerseite aus, doch seit etwa fünf Jahren sind auch die Eltern mit von der Partie,“ sagte Reinhilt Frese-Radeck, Lehrerin am DBG.

Im Schuljahr 2009/10 wurde erstmals eine Steuerungsgruppe aus Schülern, Eltern und Lehrern gegründet, die sich von da an in regelmäßigen Abständen trifft, um gemeinsam Aktionen und Veranstaltungen zu planen. So gibt es beispielsweise am Tag der offenen Türe einen Stand mit frischem Obst, das Angebot in der Cafeteria wurde angepasst, es wurden Spiel- und Sportgeräte für die Pause und Wasserspender angeschafft. Vor rund 18 Monaten kam dann die Idee auf, einmal einen ganzen Tag ins Leben zu rufen, an dem besonders die Bewegung und Gesundheit im Fokus stehen. Und so sammelten die Mitglieder der Steuerungsgruppe in der Schulwelt des Gymnasiums Anregungen und Ideen, was an einem solchen Tag gemacht werden und wer dies durchführen könnte. Im Laufe der Zeit nahm der Plan für den Gesundheitstag immer mehr Form an, bis hin zu der Entscheidung, dass am 7. September dieses Jahres der „Health Care Day“ stattfinden wird. Schüler, Eltern und Lehrer sowie außerschulische Partner werden diesen Tag gleichermaßen gestalten, um den Schülern eine gesunde Lebenseinstellung auf verschiedenen Wegen näher zu bringen. „Geplant sind unter anderem Entspannungsangebote wie ein Yoga-Schnupperkurs oder Bewegungsangebote wie das Kennenlernen der Trendsportart „Parcours“ oder ein vierseitiger Kletterturm auf dem Schulhof. Aber auch Aktionen, die sich mit Ernährung und Esskultur beschäftigen, wie beispielsweise das Verkosten kulinarischer Highlights aus dem neuen, DBG-eigenen Kochbuch, eine Ernährungsberatung, Suchtprävention und vieles mehr. Am Gesundheitstag selber sollen die Schüler aktiv werden. Aus einem Angebot von rund 40 Projekten sucht sich im Vorfeld jeder Schüler drei Aktionen aus, die er oder sie an diesem Tag durchführen möchte.

Info

Landesprogramm Bildung und Gesundheit

Das Landesprogramm unterstützt Schulen bei ihrem Vorhaben, sich zu einer guten gesunden Schule zu entwickeln.

Kooperation Es handelt sich um eine gemeinsame Maßnahme der Landesregierung NRW, der AOK, der Barmer GEK und der Unfallkasse NRW zur Förderung der integrierten Gesundheits- und Qualitätsentwicklung in Schulen.

„Sieben Projekte werden sogar von den Schülern selbst angeboten. Wir haben dadurch die Chance bekommen, auch einmal etwas völlig anderes zu bieten, und zwar direkt von Schülern für Schüler. Dafür haben wir vorher unsere Schulkameraden genau gefragt, für was sie sich interessieren und was sie erwarten“, berichtete Linus, der als Schülervertreter der Steuerungsgruppe angehört.

Lehrerin Ellen Wolter erklärt, wie der Health Care Day finanziert wird: „Wir erhalten Fördergelder vom Landesprogramm Bildung und Gesundheit und auch der Förderverein der Schule beteiligt sich. Außerdem haben wir viele ehrenamtliche Helfer.

Des Weiteren haben wir Spenden bekommen. Den Kletterturm zum Beispiel konnten wir im Mai durch eine erfolgreiche Teilnahme bei einem Förderwettbewerb der Spardabank finanzieren.“

Foto: Die Schüler des Bonhoeffer-Gymnasiums sorgen auf vielfältige Art dafür, dass lange Schultage nicht nur aus Unterricht bestehen. Foto: mvk

Hilfe für „Seiteneinsteiger“-Kinder

Der irakische Assistenzlehrer Adnan Osman (an der Tafel) kann durch die Spende des Lions Clubs Ratingen noch mindestens bis Ende des Jahres als Unterrichtsbegleiter in einer Vorbereitungsklasse arbeiten. Darüber freuen sich (v.l.): Lions-Vize Michael Langenbach, Vorsitzender André Tünkers, Bürgermeister Klaus Pesch, Schulleiter Uwe Florin, Karen Holle (NeanderDiakonie), die Integrationsbeauftragte Zeliha Yetik und Stephanie Engelhardt (Schulverwaltungsamt). FOTO: Stadt RatingenRatingen. Durch eine Spende des Lions Clubs Ratingen ist nun vorerst bis zum Jahresende der Einsatz eines muttersprachlichen Unterrichtsbegleiters in einer Vorbereitungsklasse am Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium gesichert. Von der Redaktion

In der Vorbereitungsklasse werden aktuell 18 syrische und irakische Kinder mit dem Schwerpunkt „Alphabetisierung“ unterrichtet. Seit dem 1. März profitieren sie von der Unterstützung des irakischen Assistenzlehrers Adnan Osman. Das Projekt, das durch die Lions-Spende am Bonhoeffer-Gymnasium fortgesetzt werden kann, ließen sich jetzt der Vorsitzende André Tünkers und Vize Michael Langenbach im persönlichen Gespräch mit allen Beteiligten vor Ort erläutern. Aktuell gibt es in Ratingen 329 so genannte „Seiteneinsteiger“-Kinder mit keinen oder geringen Deutschkenntnissen, davon 214 Asylbewerber, die vor allem aus Syrien (77) und aus dem Irak (52) stammen. Von den 329 Kindern besuchen 178 Jungen und Mädchen im Alter zwischen zehn und 15 Jahren eine der insgesamt neun Vorbereitungsklassen in weiterführenden Schulen. Um die Schulen bei der Unterrichtung der vielen neu zugewanderten Flüchtlinge zu unterstützen, hat die Stadtverwaltung in Kooperation mit der NeanderDiakonie ein besonderes Projekt ins Leben gerufen: Seit dem 1. März sind zwei Flüchtlinge mit pädagogischer Vorerfahrung in zwei Gymnasien als muttersprachliche Unterrichtsbegleiter eingesetzt. Den Projektstart ermöglicht hatte der Ratinger Prof. Dr. Jürgen Ringbeck, der mit einer großzügigen Erstspende zu Beginn des Jahres die Finanzierung beider Kräfte bis zum 30. Juni sichergestellt hat. Ein weiterer, dritter Assistenzlehrer beginnt seine Arbeit in diesen Tagen. Die nun erfolgte Zuwendung des Lions Clubs kommt schwerpunktmäßig dem Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium zu Gute. „Das Projekt hat uns sofort überzeugt, schließlich legen wir unser besonderes Augenmerk auf die Förderung der Jugend in Ratingen“, betonte Vorsitzender André Tünkers. Dass die Spende gut angelegt ist, konnte Schulleiter Uwe Florin versichern: „Wir haben mit dem Assistenzlehrer sehr gute Erfahrungen gemacht und sehen bei den Schülern große Fortschritte.“(City Anzeigenblatt Duesseldorf 29.06.2016)

Wenn aus Gästen echte Freunde werden

Am Bonhoeffer-Gymnasium tauschen sich deutsche Schüler mit ihren Gästen aus Vermillion aus, wie hier Noah (l.) und Clemens. FOTO: Janicki DietrichRatingen. Seit gut einer Woche ist eine Gruppe amerikanischer Schüler am Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium in West zu Gast. Von Monika von Kürten

Vor drei Jahren ist das Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium (DBG) eine Partnerschaft mit der Vermillion High School eingegangen. Seitdem gibt es einen jährlichen Schüleraustausch zwischen den beiden Schulen.

„So ein Schüleraustausch ist eine tolle Sache. Ich kann eine Teilnahme nur weiterempfehlen“, erzählte Simon. Bei ihm ist derzeit Alex zu Gast. Für die junge Amerikanerin ist es der erste Besuch in Deutschland, aber sie kennt ihren „house-brother“, wie sie ihren Gastgeber nennt, schon. Denn ihr Bruder war bereits 2014 bei Simon zu Gast, und im Jahr darauf beherbergte ihre Familie den Ratinger Schüler. „Dieser Aufbau von persönlichen Freundschaften ist einer der größten Vorteile, den die Teilnehmer aus diesem Austausch ziehen können“, sagte Kamden Dibley, die die jungen Amerikaner begleitete. Sie unterrichtet Deutsch in Vermillion. Die jungen Gäste scheuten sich allerdings noch ein wenig, Deutsch zu reden, denn an ihrer Schule lernen sie die Sprache insgesamt nur zwei bis drei Jahre. Aber in den jeweiligen Familien oder wenn sie mit ihren „housebrothers and -sisters“ und deren Freunden unterwegs sind, bekommen sie ausreichend Möglichkeiten, in privatem Rahmen ihre Sprachkenntnisse auszuweiten.

Für die Gäste hat das DBG ein umfangreiches Programm ausgearbeitet, denn ihnen soll schließlich etwas von Deutschland gezeigt werden. Düsseldorf, Köln und Koblenz haben sie bereits besichtigt, ein Empfang bei Bürgermeister Klaus Pesch und eine Stadtführung durch Ratingen stehen noch auf dem Programm.

„Der Schüleraustausch ist ein Projekt der gesamten Schule, an dem sehr viele beteiligt sind. Darum haben die Gäste verschiedene Vorträge über das Leben in den Vereinigten Staaten vorbereitet, die sie in den einzelnen Klassen vortragen. Auf Englisch natürlich, damit auch die Schüler, die keinen Gast beherbergen, in den Genuss kommen, von Muttersprachlern etwas zu lernen, „, sagte Tanja Blum-Campa, Englischlehrerin am DBG. So wie die Ratinger Gymnasiasten im vergangenen Jahr in Vermillion, lernten die Besucher einiges über den Alltag in ihrem Gastgeberland kennen und dass nicht alle Deutschen jodeln, Lederhosen tragen und Sauerkraut essen.

„Hier ist alles viel kompakter und näher beisammen. Ich finde es toll, dass alle zu Fuß gehen und mit dem Fahrrad oder öffentlichen Verkehrsmitteln zur Schule fahren. Bei uns machen wir das alles mit dem Auto. Straßenbahnen und öffentliche Busse gibt es bei uns nicht“, sagte Dawson. „Mir ist aufgefallen, dass hier alles viel gesünder und sauberer ist und dass es an den Straßenrändern viel mehr Bäume und Blumen gibt. Außerdem gefällt es mir, dass die Schüler hier unabhängiger sind und wegen des kürzeren Schultages wesentlich mehr unternehmen können“, sagte Alex.

Ein Schüleraustausch bedeutet neben dem Erlernen der Sprache das Kennenlernen von Kultur, Land und Leuten einer anderen Nation sowie das Gewinnen und Erhalten neuer Freundschaften. Und so freuen sich sowohl amerikanische als auch deutsche Schüler schon jetzt auf ein Wiedersehen in 2017, wenn die Ratinger wieder zu Gast in Vermillion sind.RP 31.05.2016

Streit um neue Flüchtlingsklasse in West

Am Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium in Ratingen West gibt es bereits eine Seiteneinsteigerklasse mit 26 Schülern. FOTO: achim blazyRatingen. Der Leiter des Bonhoeffer-Gymnasiums betont: Eine zweite Gruppe mit Seiteneinsteigern ist kurzfristig kaum machbar. Von Norbert Kleeberg

Die einzeilige Bitte kam Anfang Februar wohl aus heiterem Himmel, auf jeden Fall per E-Mail, formuliert von Kreisschulrätin Susanne Cortinovis-Piel. Adressat: Uwe Florin, Leiter des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums in Ratingen West. Man möge doch eine zweite Seiteneinsteigerklasse an der Schule einrichten, so der verbindlich klingende Wunsch.

Florin antwortete prompt und verwies auf bereits 26 beschulte Kinder seit November 2015, auf begrenzte räumliche Kapazitäten und die Zuständigkeit der Bezirksregierung Düsseldorf. Wenige Tage später kam die zweite E-Mail. Vorschlag: Man könne zwecks Einrichtung dieser Gruppe im Schichtbetrieb unterrichten lassen. Das brachte Florin vollends in Rage: In einer E-Mail an die Fraktionen und Mitglieder des Schulausschusses machte er seinem Ärger Luft.

Wörtlich schreibt er: „Die Art und Weise, wie zynisch hier von offizieller Seite im Kontext dieses hochprekären Themas ,Unterrichtsversorgung von Flüchtlingskindern‘ kommuniziert wird, offenbart pädagogische Verantwortungslosigkeit und unterrichtsorganisatorische Ignoranz (zumindest in Bezug auf die Schulform Gymnasium).“ Auf RP-Nachfrage betont Florin, dass es sich hier um eine „Ohrfeige für alle Schulleiter“ handele, die kurzfristig und ohne Vorgespräch aufgefordert werden, eine neue Seiteneinsteigerklasse einzurichten.

Florin unterstreicht: „Das geht ja nicht von jetzt auf gleich, wir brauchen weitere, speziell für diese Aufgabe ausgebildete Fachkräfte. Und das dauert seine Zeit.“ Neben der intensiven Betreuung der Seiteneinsteiger muss sich der Schulleiter um viele andere Dinge kümmern – auch um die nahe Zukunft: Fürs Schuljahr 2016/2017 liegen aktuell 75 Anmeldungen vor, dies würde für drei fünfte Klassen reichen.

Doch zurück zur Aktualität: Am kommenden Mittwoch wird sich der Schulausschuss ab 16 Uhr in der Cafeteria des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums mit neuen Seiteneinsteigerklassen beschäftigen. Florin will auf dieser Sitzung einige Fragen stellen, unter anderem diese Punkte herausgreifen: Wer trifft de facto die Entscheidung zur Zuweisung von Flüchtlingskindern auf die weiterführenden Schulen der Stadt Ratingen? Inwieweit ist das Schulverwaltungsamt überhaupt beteiligt?

Florin regt an, dass das Kreisschulamt über seine Direktorin Jeanette Völker aufgefordert wird, „seine subtilen Vorstellungen von schulischem ,Schichtbetrieb‘ vor ausgesuchten Gremienvertretern und Leitungsmitgliedern der weiterführenden Schulen Ratingens zu erläutern“.

Rückendeckung bekommt der Leiter des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums von der SPD-Fraktion, die von der Verwaltung einen Sachstandsbericht fordert. Christian Wiglow und Joachim Galinke, die beiden Fraktionsspitzen, stellen fest: „Aus Sicht der SPD-Fraktion ist die Einschätzung des Schulleiters voll umfänglich zutreffend.“

Die Fraktion will wissen, wie hoch die Zahl der zu erwartenden Schüler ohne Deutschkenntnisse ist und wie diese Jugendliche auf die Schulen verteilt werden sollen. Es gibt also jede Menge Klärungsbedarf.RP 23.02.2016

Westhäkchen proben den Aufstand

Ratingen. Mit „Programm X“ wollen die Westhäkchen, die Kabarettgruppe des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums, an den großen Erfolg des vergangenen Jahres anknüpfen. Ein Probenbesuch. Von Wolfgang Schneider

West Heiner van Schwaben legt den Kopf ein bisschen schief. Das tut der Erdkundelehrer immer, wenn er nachdenkt, wie er leichte Kritik in Worte fassen soll: „Du musst die Stimmung der Nummer noch mehr zum Ausdruck bringen, Du musst die Nummer leben“, sagt er in den Raum, wirft noch einmal einen intensiven Blick in den Text und gibt das Handzeichen zum Wiederholen. Und dann geht die Nummer von vorne los.

„Ja, so ist es besser“, lobt van Schwamen noch während die Szene läuft. Als Regisseur der Westhäkchen, der Kabarettgruppe des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums (DBG) in West, lässt er den Schülern großen Spielraum, aber manchmal muss er eben doch eingreifen. Und die Jugendlichen zwischen 14 und 17 Jahren wissen genau: Der Mann weiß, wovon er spricht.

Schließlich betreut er die Gruppe seit weit über 20 Jahren. Entspannter ist er dabei dennoch nicht geworden – erst recht nicht, wenn es so kurz vor der Premiere ist wie jetzt. Nur noch wenige Tage, und dann stehen die Westhäkchen mit ihrem neuen Programm auf der Bühne des Freizeithauses. „Bis dahin ist noch viel zu tun“, weiß der Chef aus Erfahrung. „Es ist schwer, Termine zu finden, an denen wirklich alle können, denn die Schüler sind heutzutage zeitlich sehr beansprucht.“ An diesem Vormittag, an sich ist schulfrei, sind aber alle da und proben fleißig im Pädagogischen Zentrum des DBG. Bewegung ist jetzt angesagt, die Gruppe läuft über die Bühne. Das gehört zwar bisweilen auch schon einmal zu van Schwamens Entspannungsübungen, diesmal ist es jedoch Teil des Programms. Das trägt in diesem Jahr den Titel „Programm X“.

Viel verraten wird über die Nummern des wie üblich mehr als zweistündigen Programms vorab natürlich nicht, aber es soll, so viel ist schon mal klar, ähnlich anspruchsvoll werden wie im vergangenen Jahr, als die Westhäkchen wohl das beste Programm ihrer Geschichte auf die Bühne brachten. Ob sie das Niveau halten können?

Der Regisseur ist optimistisch: „Es ist nicht so einfach diesmal, denn wir werden ständig von den aktuellen Entwicklungen überholt. Aber ich denke, dass wir auch diesmal wieder auf einem guten Weg sind.“ Dabei wird der Zuschauer auf den einen oder anderen bekannten Charakter treffen, aber auch Neues kennenlernen. Nicht nur das gesprochene Wort wird traditionell von Bedeutung sein bei den Häkchen. Mit solch talentierten Musikern wie Svenja Kupschus, Alexander Seidl oder Anton Lenger in der Gruppe ist es wohl selbstverständlich, dass es einiges zu hören geben dürfte. Damit alles sitzt, wird bis zur Premiere noch fleißig weiter geprobt.

Stellt sich nur die Frage, wo läuft der Mensch eigentlich hin? Vor sich selbst weg oder doch zu seinem Glück? Und wie ist das eigentlich in diesen unruhigen Zeiten? Sind wir nicht vielleicht alle ein bisschen überfordert mit den vielen Freiheiten, die in der Aufklärung ersonnen und in den Revolutionen erkämpft wurden? Vielleicht gibt es ja in der kommenden Woche Antworten.RP 19.02.2016

Mit Labortestat durchs Gymnasium

Ratingen · An den Methodentagen lernen Gymnasiasten Außerschulisches für die Schule.

RP 04.11.2015, 00:00 Uhr2 Minuten Lesezeit

Valeska von Dolega

Ob Sonntag- oder Mittwochmorgen, Irenes (12) Wecker klingelt immer zur gleichen Zeit. „Denn wenn ich lernen muss, mache ich das am besten morgens.“ Damit ihre innere Uhr nicht durcheinander kommt, behält sie diesen Rhythmus am Wochenende bei. Methoden, das erforderte Pensum zu verinnerlichen, gibt es viele. „Da muss jeder seinen eigenen Weg finden“, kennt Marius (15) keine Faustregel. Sein Tipp ist, beim Lernen „mit System“ vorzugehen. Und wie das ausschauen kann, hat er sich ursprünglich beim Methodentag abgeguckt.

Den veranstaltet das Organisationsteam um Lehrerin Nelie Pannen am Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium jetzt zum zehnten Mal. Drei Tage erlernen alle Kinder von Klasse 5 bis zur Q2, und das sind derzeit 647 Schüler, wie sich mit kleinen Tricks die großen Dinge im Schulalltag noch besser bewerkstelligen lassen.

„Die einzelnen Module bauen aufeinander auf“, erklärt Uwe Florin, der seit 15 Jahren das Gymnasium in West leitet. Dem Alter entsprechend sind die einzelnen Bausteine konzipiert, so setzen sich die Fünftklässler zum Beispiel mit „Lesemethoden“ auseinander. „Dabei lernen sie nicht bloß, verständlich vorzutragen“, sagt der Rektor. „Sie lernen beim Lesen, Wichtiges von Irrelevantem zu unterscheiden und Inhalte korrekt wiederzugeben.“ In Klasse 6 wird das Grundprinzip dann als „Leseführerschein“ ausgebaut und findet in Klasse 8 beim Thema „Referate“ seine Fortsetzung und Ausführung.

Neben Trainings zu kognitiven Fähigkeiten und berufsorientierten Vorbereitungen, die unter anderem von Kooperationspartnern verschiedener Universitäten und Fachhochschulen referiert werden, gibt es auch spezielle Einheiten, die überhaupt den regulären Unterricht vorbereiten. Der Laborführerschein ist dafür ein Beispiel. Dafür sitzen die Siebtklässler bei Meike Drews und lernen an verschiedenen Stationen „grundlegende Techniken“, wie die Chemielehrerin sagt. Damit die Lehrerin nämlich später Experimente durchführen lassen kann, „ohne dass der Raum abgefackelt wird“, müssen die Kinder den fehlerfreien Umgang mit Bunsenbrenner, Pipette und Co. „zuverlässig lernen“. Weil dafür im Unterricht nicht ausreichend Muße ist, kommen die Methodentage gerade recht. „Hier haben wir auch Zeit, das Erlernte abzufragen und im Bedarfsfall direkt nachzuhaken“, verweist sie auf die Zusammenarbeit mit den Kollegen. Grundsätzlich gestaltet Meike Drews ihren Unterricht „so praxisnah wie möglich“. Um Schüler aktiv einzubinden, ist der Laborführerschein vom Methodentag ein wichtiges Hilfsmittel.

Ratinger Superstar mit ganz viel Herz

Ratingen · Svenja Kupschus (16) textet, singt, spielt Klavier, Saxophon und Gitarre – demnächst auch auf der „Zelt Zeit“-Bühne.

RP 02.05.2015, 00:00 Uhr 3 Minuten Lesezeit

Von Gabriele Hannen

Damals, als offenes Licht Bühnenkünstler illuminierte, hieß das schon „Rampenlicht“. Wer sich dem aussetzte, musste oft eine ungeschickte Beleuchtung in Kauf nehmen, weil sie eben vom Boden her kam. Heute steht manch einer im Rampenlicht – besser beleuchtet, meist gern, oft leidenschaftlich, gelegentlich angelernt. Bei der „Zelt Zeit“ zum Beispiel, wenn die Ratinger Superstars auf die Bühne kommen (Donnerstag, 21. Mai, ab 19.30 Uhr) gibt es dort eine 16-Jährige, die ohne Probleme im Rampenlicht steht: Svenja Kupschus.

Tragödchen-Chef Bernhard Schultz zum Beispiel ist verblüfft und begeistert, wie sie – die sich ansonsten eher zurückhaltend durch die Gegenwart bewegt – das Mikro nimmt und loslegt. „Das sieht man nur selten“ staunt er. Deshalb segeln die junge Ratingerin, ihr 19 Jahre alter Bruder Jonas (Bass), Jonathan Dangelmeyer (Gitarre, Geige) und Felix Große (Drums) als „Friday And The Fool“ unter dem großen Anspruch, dass Ratingen keinesfalls die Superstars suchen muss, sondern sie bereits hat und deshalb am Grünen See präsentieren kann.

Info termin

Am 13. Mai ab 19 Uhr im Stadttheater

Svenja Kupschus und „Friday And The Fool“ unterstützen am Mittwoch, 13. Mai, die „Westhäkchen“. Die treten nämlich ab 19 Uhr im Stadttheater mit ihrem aktuellen Programm auf. Die Band spielt schon vorher im Foyer und bietet dort auch in der Pause eine musikalische Unterstützung. Karten gibt es im Vorverkauf im Reisebüro Tonnaer und im Sekretariat des Bonhoeffer-Gymnasiums.

Sie textet, singt und spielt Klavier, sie beherrscht Saxophon und Gitarre. Und sie hat auch ein Jahrzehnt lang – also mehr als die Hälfte ihres Lebens – Geigenunterricht genommen. Bis auf eine ganz kurze Zeit lebt Svenja Kupschus mit ihrer Familie in Homberg, perfekt unterstützt bei all ihren Aktivitäten, die immer wieder mütterliche oder väterliche Shuttle-Einsätze erfordern. Die Grundschule absolvierte sie in Homberg, dann ging es zum Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium, wo sie aktuell die elfte Klasse besucht. Ja, sie sei eine gute Schülerin – was sie bescheiden und leise sagt – nun ja, oft habe sie nachmittags Unterricht, nein, ein Auslandsjahr sei erst mal nicht geplant. Aber vielleicht nach dem Abi. Und eher drei Monate sehr weit weg als in der internationalen Nachbarschaft. Immerhin hat sie in ihrem Alter und im Vergleich zu manch anderer Frau schon eine Menge geschafft: Schule, die Beherrschung einer Vielfalt von Instrumenten, Mittäterschaft bei den Westhäkchen. Sie hat, zumindest von außen betrachtet, keinerlei Probleme, sich vor Publikum zu präsentieren. Und sie ist eine herzliche junge Person. Für die erste CD ihrer Band hat sie das Cover entworfen und gezeichnet. Es zeigt einen Wal mit einer ganzen Landschaft, die auf seinem Rücken wächst. Er steckt eigentlich in einer Tabatière, einem Behältnis, dessen Namen wahrscheinlich viele Altersgenossen nicht einmal kennen. So jedenfalls heißt der fünfte Titel.

Seit Ende 2013 gibt es die Band „Friday And The Fool“ in ihrer vierköpfigen Konstellation. Die besonderen Stärken der Band liegen in ihrer musikalischen Bandbreite und dem unverkrampften Umgang mit der Musik. Die Geschwister Kupschus schreiben die Texte, die Musik erarbeitet die gesamte Band, geprobt wird zweimal in der Woche.

Wenn Svenja mal losträumen darf, fällt ihr nichts für das stille Glück im Winkel ein, sondern eher Schauspiel, Regie, „Darstellen oder irgendwie sowas“. Und dennoch: Sie tingelt nicht unablässig quirlig durchs Ratinger Showgeschäft, sondern hat auch eine ganz liebevoll-beschauliche Seite. Oder wie sollte man es nennen, wenn man eine Maus, von der Katze halb tot gespielt, mit Geduld aufpäppelt und am Leben erhält? Wenn es dann auch ein Leben im Käfig wird.

Foto: Die Grundschule absolvierte Svenja Kupschus in Homberg, dann ging es zum Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium, wo sie aktuell die elfte Klasse besucht. Foto: achim blazy

Unsere Leser machen Aram glücklich

Ratingen · Eine Welle der Hilfsbereitschaft: Der Zwölfjährige aus Syrien hatte sich nichts sehnlicher gewünscht als ein Fahrrad.

RP 08.04.2015, 00:00 Uhr 4 Minuten Lesezeit

West/ Wer genau hinsah, konnte ein leichtes Glitzern in Arams dunklen Augen sehen. „Das ist toll“, staunte der Zwölfjährige beim Anblick des BMX-Rades, das dem Jungen, der mit seiner Familie unter dramatischen Umständen aus Syrien geflüchtet war, mit Hilfe unserer Leser als verspätetes Geburtstagsgeschenk überreicht wurde. Und noch bevor er die erste Runde drehte, bedankte er sich erst einmal sichtlich gerührt: „Ich freue mich sehr. Vielen Dank an alle, die das möglich gemacht haben.“

Der Bericht über Aram und seine Familie in unserer Zeitung vor einigen Wochen hatte dafür gesorgt, dass in der Redaktion die Telefonleitungen nicht mehr stillstanden. Viele Leser wollten helfen, boten Kinderfahrräder an oder wollten mit der Familie zur Radstation am Ostbahnhof fahren. Heiner van Schwamen, Lehrer am Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium (DBG) , an dem Aram die Klasse für Flüchtlingskinder besucht, hatte die Koordination übernommen. Er war begeistert von der Welle der Hilfsbereitschaft: „Es waren so viele Angebote, dass wir letztlich die ganze Familie mit Fahrrädern versorgen konnten“, freute er sich. Nur Aram musste etwas warten, denn sein Geschenk wurde extra geliefert und musste noch zusammen gebaut werden. Eine Aufgabe, die Peter Emonds, Nachbar von Lehrer van Schwamen, übernommen hatte: „Als Heiner van Schwamen mich gefragt habe, habe ich keinen Moment gezögert und gesagt, ich helfe“, so Emonds, der bei der Geschenkübergabe noch eine Überraschung dabei hatte: ein Dreirad für das Nesthäkchen der Familie, die kleine Lorena.

Info hintergrund

Dramatische Flucht aus der Heimatstadt Aleppo

Die Flucht der Mustafas war dramatisch. Als es in Aleppo im schlimmer wurde, mussten sie an einem frühen Morgen innerhalb einer Stunde einige Habseligkeiten zusammenpacken. Es folgte eine Fahrt in ein Dorf in der Nähe der türkischen Grenze, dann weiter nach Norden. Die bulgarisch-türkische Grenze überquerte die Familie in einem siebenstündigen nächtlichen Marsch. Anschließend ging es im Unterboden eines Autos versteckt nahezu bewegungsunfähig und mit kaum Luft zum Atmen mit dem Wagen weiter. 23 Stunden dauert die Fahrt bis nach Österreich – endlich in Freiheit.

Eine der Spenderinnen, die für glückliche Kinderaugen bei Aram sorgte, war Margit Mocka: „Die Geschichte des Jungen und seiner Familie hat mich sehr berührt. Es ist schön zu sehen, wie einfach man doch einem Kind eine Freude machen kann.“ Sie hatte gemeinsam mit van Schwamen und dessen Westhäkchen, der Kabarettgruppe des Bonhoeffer-Gymnasiums, das Geld für das BMX-Rad gespendet. Die jungen Künstler der Westhäkchen waren es, die in ihrem aktuellen Programm in einem bewegenden Kurzfilm das Schicksal von Aram und seiner Familie an die Öffentlichkeit gebracht hatten. „Als wir im Winter gefragt hatten, ob wir ihre Geschichte verfilmen dürfen, haben sie spontan zugesagt. Deshalb ist es für uns logisch gewesen, dass wir uns an dem neuen Rad für Aram beteiligen“, erzählte Anton Lenger von den Westhäkchen.

Kurt Dirkes und Birgit Krischer versorgten Arams Eltern mit zwei Alurädern: „Bei uns hätten sie eh nur noch herum gestanden. Und so hatten wir die Möglichkeit, etwas Gutes zu tun“, so Dirkes. Das nutzt Mutter Sherin Mustafa regelmäßig: „Ich fahre damit immer einkaufen und muss jetzt nicht mehr immer zu Fuß gehen.“ Eine weitere Leserin, die anonym bleiben möchte, spendete ein Kinderrad von der Radstation in Ost für Nihat, den achtjährigen Bruder von Aram. Der geht auf der Karl-Arnold-Schule übrigens in eine Regelklasse, hat keine Probleme, sich zu integrieren: „Ich gehe gerne zu Schule.“ Auch Aram mag das Lernen, hat aber so etwas wie ein Luxusproblem: In seiner Klasse ist er mit Abstand der Beste. Er möchte gerne so schnell wie möglich am normalen Unterricht teilnehmen. Einen ersten Schritt dazu hat er bereits getan. Er engagiert sich in der Schülervertretung des DBG. Heiner van Schwamen ist begeistert: „Dieser Junge zeigt so viel Interesse am Lernen, das finde ich unglaublich.“ Und auch wenn er jetzt schon fleißig mit dem BMX-Rad den einen oder anderen Trick übt, Schule steht für Aram ganz oben: „Es ist wichtig, einen guten Abschluss zu machen. Ich möchte einen tollen Beruf haben.“

Nach dramatischer Fluch in Sicherheit

Ratingen · Sherin Mustafa, ihr Mann und ihre Söhne kamen 2013 aus Syrien nach Deutschland – im Unterboden eines Autos.

RP 11.03.2015, 00:00 Uhr 4 Minuten Lesezeit

est Aram erzählt gerne – zum Beispiel von der Schule, in die er hier in Deutschland gehen darf, und von den Lehrern in Syrien, die streng waren und die Kinder auch geschlagen haben. Oder davon, dass er gerne Fußball spielt und später anderen Menschen helfen will. Doch wer den aufgeweckten Zwölfjährigen nach seinen Erinnerungen an den Krieg in seiner alten Heimat Syrien fragt, dem kann der junge, der ein akzentfreies Deutsch spricht, nicht antworten: „Daran kann ich mich nicht mehr erinnern“, sagt er und zieht sich eines der Sofakissen über das Gesicht.

Die alte Heimat ist Aleppo, jene Stadt in Syrien, die zu Beginn des Bürgerkrieges in aller Munde war. 2011 war das. Aram und sein kleiner Bruder Nihad lebten dort mit Vater Ahmed und Mutter Sherin. „Uns ging es finanziell gut, weil mein Mann und ich jeden Tag mindestens zwölf Stunden gearbeitet haben“, erzählt Sherin Mustafa von der Zeit vor dem Krieg. Das Schulgeld für die Kinder war teuer. „Aber wir hatten Glück, eine Nachbarin, die Lehrerin ist, kümmerte sich nach der Schule um Aram und Nihad.“

Info wünsche

Aram hätte gerne ein Fahrrad

„Hier sind die Straßen so sauber, und es gibt extra Wege für Fahrräder“, sagt Aram, der heute Geburtstag hat, und denkt an seinen großen Wunsch: „Ich hätte so gerne ein Fahrrad.“ Und dann erscheint ein zaghaftes Lächeln auf dem Kindergesicht.

Ihr Blick geht zu Boden, der Besucher merkt ihr schnell an, dass die Gedanken auf eine tausende Kilometer entfernte Reise gehen. Ihr Eltern und ihre Schwester leben noch in Aleppo. Leben? „Arbeit gibt es dort keine mehr, auch die Schulen sind schon seit vielen Jahren geschlossen“, sagt Sherin Mustafa, die früher in einer Arztpraxis gearbeitet hat. An ein, zwei Tagen in der Woche hat sie Kontakt zur Familie, das ist alles, was an Verbindung zum alten Leben geblieben ist. Ob sie noch einmal zurück möchte?

Irgendwann, wenn Frieden ist? „Zu Besuch, aber mehr nicht. Ich möchte nicht noch einmal neu anfangen müssen.“ Als der Krieg ausbrach, wollten sie es aushalten. Doch es wurde immer schlimmer, ein normales Leben gab es nicht mehr. 2012 folgten die ersten Überlegungen, die Heimat zu verlassen. Drei Brüder von Vater Ahmed leben in Ratingen, teilweise schon weit über 20 Jahre. Doch die abenteuerliche Flucht begann erst an einem Morgen im Jahr 2013. Militärflugzeuge flogen tief über Aleppo, Soldaten marschierten durch die Straßen. Eine Stunde Zeit hatte die damals noch vierköpfige Familie mit der im dritten Monat schwangeren Mutter, um alle Habseligkeiten in einen Koffer zu packen.

Es folgte eine Fahrt in ein Dorf in der Nähe der türkischen Grenze, dann weiter nach Norden. Die bulgarisch-türkische Grenze überquerte die Familie in einem siebenstündigen nächtlichen Marsch. „Mein Mann hat immer den Koffer auf dem Rücken getragen.“ Während die Mutter erzählt, macht Aram die Augen zu. Sein kleiner Bruder Nihat spielt mit der inzwischen 14 Monate alten Loreen.

Ob die Jungs sich noch an die Flucht erinnern? „Nein“, sagt Aram, „das ist alles weg.“ Und fügt dann leise hinzu: „Ich möchte nicht darüber sprechen.“ Verständlich, denn in Bulgarien wird die Geschichte noch dramatischer. Im Unterboden eines Autos versteckt sich die Familie, nahezu bewegungsunfähig, kaum Luft zum Atmen. 23 Stunden dauert die Fahrt bis nach Österreich – endlich in Freiheit. „Zwischendurch habe ich gedacht, wir schaffen es nicht“, sagt die Mutter. Das ist bald zwei Jahre her. 24 Monate, in denen viel passiert ist, in denen die Familie letztlich über Oldenburg nach Ratingen in die Nähe der Verwandten kam. Einer von ihnen betreibt eine Pizzeria in der Innenstadt. Hier macht Sherin seit einigen Tagen ein Praktikum, denn ihr Sprachkursus beginnt erst nach den Osterferien: „Vom Zuhausesitzen lerne ich die Sprache nicht. Ich muss unter Menschen sein.“ Ihre Söhne haben das Problem nicht. Nihad besucht die zweite Klasse der Karl-Arnold-Schule, sein älterer Bruder die Flüchtlingsklasse am Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium: „Am liebsten mag ich Sport. Ansonsten finde ich es da manchmal langweilig, weil die anderen noch nicht so gut Deutsch sprechen“, sagt der Zwölfjährige, der gerne Klavier spielt. Bei der städtischen Musikschule steht er auf der Warteliste. Aram geht gerne zum Unterricht: „Ich finde es nur sehr schade, dass ich noch keine deutschen Freunde habe“, sagt er.

„Ich schon“, freut sich sein achtjähriger Bruder: „Wir spielen oft Fußball.“

Foto: Mutter Sherin Mustafa lebt heute mit den Söhnen Nihad (links) und Aram sowie Töchterchen Loreen in Ratingen. Sie würde gerne wieder arbeiten. Foto: Janicki, Dietrich (jd-)

Die Westhäkchen testen Grenzen aus

Ratingen · Anfang Februar feiert das neue Programm der Kabarettisten vom Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium Premiere.

RP 20.01.2015, 00:00 Uhr 3 Minuten Lesezeit

Von Karl Ritter

West Seit über 20 Jahren ist Heiner van Schwamen der Mann hinter den Westhäkchen, der Kabarettgruppe des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums (DBG). Wenn Anfang Februar das neue Programm „Unlimited – hart an der Grenze“ Premiere feiert, dann erlebt aber auch der Erdkundelehrer etwas völlig Neues: „Zum ersten Mal spielen wir zwei Jahren mit exakt derselben Besetzung. Das hatte ich noch nie“, sagt er schmunzelnd. Dass das durchweg talentierte Ensemble – eines der besten in der Westhäkchen-Historie – noch ein zweites Programm auflegt, dürfte für alle Beteiligten von Vorteil sein. Die Jugendlichen auf der Bühne kennen sich noch besser als vorher, der Zuschauer darf im Gegenzug eine gut aufeinander eingespielte Truppe erwarten.

„Wie der Name schon sagt, geht es im neuen Programm vor allem um Grenzen, die sich immer mehr verschieben“, erzählt Liia Thalberg-Zukova. Und Felix Brochhausen, der die Häkchen nach diesem Schuljahr (Abitur) verlässt, ergänzt: „Manche Grenzen gibt es gar nicht mehr – wie zum Beispiel auf der Weltkarte oder in der Sexualaufklärung.“

Info hingehen

Karten sind ab sofort im Vorverkauf zu haben

Premiere des neuen Westhäkchen-Programms ist am Mittwoch, 4. Februar. Weitere Termine: Donnerstag, 5. Februar, und Freitag, 6. Februar. Los geht es jeweils um 19.30 Uhr im Freizeithaus West am Berliner Platz. Karten (Erwachsene fünf Euro, Schüler/ Studenten drei Euro) gibt es im Kulturamt, im Reisezentrum Tonnaer oder bei Johann und Wittmer. Wer keine Tickets bekommt, kann sich das Programm am Mittwoch, 18. Februar, 19.30 Uhr in der Lintorfer Manege ansehen.

Und so widmen sich die Westhäkchen einmal mehr nicht nur dem großen Ganzen, sondern auch ihrem eigenen kleinen Kosmos.

„Natürlich wird auch das Thema Schule eine große Rolle im neuen Programm spielen. Das gehört einfach zu den Westhäkchen dazu“, erklärt Abiturientin Marlit Claussen. Insgesamt soll aber auch dieses Programm wieder mehr politisch sein, Comedy-Elemente sind seltener geworden. Dabei wird der geneigte Zuschauer auf die eine oder andere Figur treffen, die er schon kennt. Welche das sein werden, darüber herrscht allerdings Stillschweigen. Auch musikalisch haben sich die Westhäkchen ein bisschen verändert, vor allem die Klavierbegleitung einzelner Stücke auf mehrere Schultern verteilt. „Insgesamt haben wir aber weniger Musiknummern im Programm und setzen mehr auf Worte“, so Brochhausen. Was es allerdings geben wird: Ein Medley der großen Hits von Udo Jürgens.

Für Heiner van Schwamen gab es in diesem Jahr zum ersten Mal in seiner Karriere als Regisseur ein Problem, das ihn schwer beschäftigt hat in den vergangenen Tagen: „Kann ich es überhaupt verantworten, dass Schüler sich kritisch über bestimmte Dinge auf der Bühne äußern? Wer kann absehen, welche Reaktionen sie damit hervor rufen“, sagt der Pädagoge.

Ob die Westhäkchen deshalb eine Spur vorsichtiger werden, wird sich zeigen. Denn gerade das Thema Grenzen lässt da viele Spielräume – Geschlechtergrenzen verschwimmen, ebenso die Grenzen zwischen Mensch und Maschine oder Leben und Tod. Doch auch wenn das alles recht ernst klingt, das Programm soll lustig und unterhaltend werden: „Es darf gelacht werden“, blickt van Schwamen optimistisch in die Zukunft.

Es wird aber auch einen Gänsehautmoment geben. Über die Flüchtlingsklasse am DBG hat der Westhäkchen-Chef Kontakt zu einer Mutter bekommen, die vor knapp einem Jahr aus Syrien geflüchtet ist: „Sie ist bereit, uns in einem kurzen Video die Geschichte ihrer Flucht zu erzählen. Ich denke, das wird einer der nachdenklichsten Momente in der Geschichte der Westhäkchen.“

Es bleibt die spannende Frage, wie sich die jungen Kabarettisten der Verantwortung stellen, mit Tiefgang zum Nachdenken anzuregen, ohne dabei ihre eigene Welt zu vernachlässigen. Denn dann sind sie immer besonders gut gewesen: Wenn sie die erwachsenen Zuschauer in ihre ganz eigene, jugendliche Welt entführt haben.

Foto: Die Westhäkchen des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums proben mit viel Engagement – und das trotz Abi- und Schulstress. Foto: Achim Blazy