Unsere Stadt: Die Geschichte Ratingens

Ratingen ist mit seinen ungefähr 86.000 Einwohnern die größte Stadt im Kreis Mettmann und verfügt über eine 150.000 Jahre alte Vergangenheit, die unsere Stadt zu dem macht, was sie heute ist. Ich war erstaunt über die Ergebnisse meiner Recherche. 

Der erste Beleg für eine damalige Siedlung in der Nähe des heutigen Silbersees sind 150.000 Jahre alte Funde, die die Existenz von Einwohnern schon zu Beginn der letzten Eiszeit beweisen. Um 500 n. Chr. wurde um genau diese Siedlung zwischen den Sachsen und den Franken gekämpft. In der ersten urkundlichen Erwähnung im Jahre 849 wird das heutige Ratingen dann zum ersten Mal “Hratuga” genannt. 1276 verlieh Grad Adolf V. von Berg Ratingen Stadtrechte und wollte damit das nördliche, bergische Gebiet schützen. Daraufhin erlebte Ratingen eine wirtschaftliche Blütezeit mit Markt- und Zunftrecht, einer eigenen Münze sowie einem Gericht, das mehr anerkannt wurde, als das in Mettmann oder gar Düsseldorf. Im November 1377 erstattete Karl IV. (deutsch-römischer König und Kaiser) und ca. 100 Jahre später Christian I. von Dänemark (König Dänemarks, Schwedens und Norwegens) unserer Stadt einen Besuch ab. 

Vor der Stadtmauer (Foto oben), welche aus hohen Verteidigungstürmen und 8m breiten Wassergräben bestand, existierten drei Vordörfer: Oberdorf, Vowinkel und Bechem. Durch die Tatsache, dass Ratingen neben Fernstraßen und dem Rheinhafen lag, war sie auch in den Handel mit der Hanse involviert. Ein wichtiger Bestandteil unserer Stadt war auch die Zunft der Schmiede und Schleifer, 1352 im Stadtbuch erwähnt, die das Wasser der Anger und Schwarzbach für die Herstellung der Waffen und Gebrauchsgegenstände nutzten, welche sogar im Ausland (z.B. Antwerpen, Baltikum, Skandinavien) gehandelt wurden. 

Das Ratinger Stadtwappen (Foto ganz oben) hat seinen Ursprung im 15. Jahrhundert. Es zeigt auf geteiltem Schild im oberen Teil in rot auf silbernem Grund den bergischen Löwen (Wappentier der Herzöge von Berg) mit blauer Bewehrung und Herzogenkrone. Im unteren Wappenteil findet sich – silbern auf rotem Grund – ein sechsspeichiges Rad. Die Herkunft dieses Wappenelements ist letztlich nicht geklärt. Vermutungen, es handele sich hierbei um ein Schiffsteuerrad oder ein Wassermühlenrad, blieben unbewiesen. Die Deutung des Rades als Symbol der früheren eigenständigen Gerichtsbarkeit (Rad als Hinrichtungswerkzeug, siehe oben) ist wahrscheinlicher. Aber ebensogut kann es auch um eine Umwandlung der ersten Buchstaben von „RATingen“ ins Bildnerische handeln – eine im 15. Jahrhundert durchaus übliche Sache.

Als im 16. Jahrhundert die Pest Ratingen überfiel und der Dreißigjährige Krieg seinen Lauf nahm, wurde die Stadtmauer 1641 durch moderne und wirkungsvollere Waffen zerstört. Der kaiserliche Melchior von Hatzfeld richtete viel Schaden an, indem er die Haus zum Haus-Burg beschlagnahmte und Ratingen angriff (z.B. durch Brände). Daraufhin sank die Einwohnerzahl der Stadt drastisch. Doch mit der Errichtung einer mechanischen Baumwollspinnerei des Geschäftsmannes Johann Gottfried Brügelmann 1783 an der Anger besaß Ratingen zu der Zeit die erste Fabrik Europas, die viele Arbeitskräfte anlockte. Dadurch wurde der wirtschaftliche Verlust ausgeglichen. Da dies auch als der Beginn der europäischen Industrialisierung angesehen wird, ist das ehemalige Textilmuseum Cromford ein beliebter Besichtigungsort (Foto unten). Nach dem Wiener Kongress 1815 übernahm Preußen die Verantwortung in Ratingen. Zu dem Zeitpunkt, gehörte die Stadt zum Regierungsbezirk Düsseldorf, zur Rheinprovinz und zur Provinz Jülich-Kleve-Berg. 

Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde der jüdische Friedhof an der Werdener Straße in der Nacht des 10. Novembers beschädigt und verwüstet. Außerdem wurde 6 Jahre später die Staatspolizeileitstelle Düsseldorfs (Gestapo) aufgrund der Zerstörung durch Bomben nach Ratingen gebracht, wobei ihr Lehrerseminar an der heutigen Anne-Frank-Schule lag. Alle, die der Regierung widersprachen oder Zwangsarbeiter waren, wurden an diesem Ort von der Geheimen Staatspolizei verhört und gefoltert. Es folgten 5 Luftangriffe auf Ratingen im zweiten Weltkrieg, welche die Stadt 291 Einwohner sowie 405 Häuser und Wohnungen kosteten. Das Ende des Krieges wurde mit dem Ruhrkessel eingeleitet. Der Ruhrkessel war eine Kesselschlacht, welche im April 1945 in Westfalen und im Rheinland stattfand. Kurz vor dem Ende forderten die US-Amerikaner die Nationalsozialisten auf, die damaligen 11 erschossenen Zwangsarbeiter im Kalkumer Wald auszugraben, um dann bei ihrer Bestattung an der St. Peter und Paul Kirche mitzuhelfen. Nach dem Krieg wurden 6300 m³ Trümmerschutt entsorgt und Dr. Franz Josef Gemmert (damaliger Direktor der Brügelmannschen Baumwollspinnerei) als erster Nachkriegsbürgermeister gewählt. Trotz allem litt Ratingen nicht unter großen Kriegsschäden. 

Heute ist Ratingen eine kreisangehörige Stadt mit 6 Bezirken in der Rhein-Ruhr-Region, welche -wie wir nun wissen- eine vielfältige Geschichte besitzt. Unsere Heimatstadt verfügt über mehrere Sehenswürdigkeiten, darunter die Auermühle oder die Wasserburg Haus zum Haus (Foto oben). Im Bereich der Innenstadt gibt es einige gut erhaltene mittelalterliche Häuser und zusammen mit dem Marktplatz und der katholischen Kirche im Hintergrund sorgen sie dafür, dass Ratingen gerne als Ausflugsziel genutzt wird. Im November 2019 wurde der neue Rathausbau (Foto unten), der auch die alten Teile, wie mittelalterliche Stadtbefestigung, Klosterhof und Rathauspark, miteinander verbindet, den Ratingern übergeben. Die Stadt pflegt acht Städtepartnerschaften und hat zahlreiche Schulen.

Ich denke, jeder von uns kann mit Stolz in Ratingen leben und/oder arbeiten!  

Text und Gestaltung: Viona Samari/Blog-AG

Fotos: Tim Detering/Blog-AG